Ressourceneffizienz: Barbara Hendricks und Philipp Pausder im UdL Digital Talk im BASE_camp

Zuletzt aktualisiert am: 10.04.2015

Zukunftsfähig durch Ressourceneffizienz? - so lautete das vielversprechende Thema, zu dem Moderator Cherno Jobatey im Rahmen des UdLDigital Talk Thermondos Geschäftsführer Philipp Pausder einlud. Sein Gegenüber im Talk: Niemand geringeres als Umweltministerin Barbara Hendricks.


Das Ergebnis ist ein spannender Wortwechsel rund um die Themen Energieeffizienz, Wiederverwertung, Digitalisierung, politische und unternehmerische Verantwortung, Smart Home und die Rolle von Innovation und Umdenken im Bereich Ressourceneffizienz.

Ressourceneffizienz als Wettbewerbsvorteil

Das Thema sei laut Hendricks vor allem deshalb diskussionswürdig, weil Deutschland selbst kaum über Rohstoffe verfüge und daher von kostenintensiven Importen abhängig sei. Daher sei die Antwort hierauf “aus weniger mehr machen” - in diesem Falle Ressourcen effizient zu nutzen und wieder zu verwerten. Schließlich stelle Ressourceneffizienz auch einen Wettbewerbsvorteil dar, ergänzte Pausder, nicht nur aus unternehmerischer Perspektive sondern eben auch aus volkswirtschaftlicher.

Recycling ist nicht sexy

Auf die Frage, warum Themen wie Kreislaufwirtschaft und Recycling im gesellschaftlichen Diskurs wenig vertreten sind, lautet Pausders Fazit: “Das ist nicht sexy”. Da fehle das Interesse und die Handlungsbereitschaft in großen Teilen der Gesellschaft, insbesondere was die Energieeffizienz angehe. Dass Deutschland durchaus eine Vorreiterrolle in der Mülltrennung und der effizienten industriellen Rohstoffnutzung einnehme, darin war man sich einig. Insgesamt reiche das jedoch noch nicht aus.

Mit Innovation zu mehr Effizienz

Pausder sieht für Deutschland vor allem künftige Potenziale durch mehr Innovation: “Das Bestehende besser zu machen, da sind wir kulturell sehr stark drin, aber mal in einer echten Veränderung zu denken, da ist die Lücke”. Als Beispiel nennt er die Entwicklung der E-Mobilität, die in Deutschland lange verschlafen wurde. Hier stimmte Hendricks zu, man habe das Thema zu spät angepackt. Dies liege jedoch daran, dass die deutsche Industrie stets bestrebt sei, das perfekte Produkt auf den Markt zu lancieren, anstatt auch mal etwas “Unfertiges” an den Markt zu bringen, das sich dann später vielleicht trotzdem durchsetze.

Um in Deutschland die Ressourceneffizienz durch Innovation voranzutreiben, brauche es eine breitere Orientierung, die neben Großkonzernen und Universitäten auch Start-ups integriere. Als Ergänzung zum Bestehenden, schlägt Pausder vor, könnten Start-ups eine verändernde und schnellere Perspektive liefern und somit aktiv Innovation vorantreiben.

Netzsteuerung: “Brauchen die Großen eine helfende Hand?”

Die Old Economy nähere sich jedoch der New Economy bereits an. Hendricks merkte hierzu an, dass sich insbesondere die Energiekonzerne notgedrungen umstellen müssten. Künftig werde eben das Geld nicht mehr ausschließlich über die Produktion von Strom verdient, sondern vor allem durch Netzmanagement, was aber einen hohen Grad der Digitalisierung erfordere. Dies verlaufe bisher allerdings etwas konzeptlos. “Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass wir unsere Nachbarländer mit unserem überproduzierten Strom versorgen und sie dafür auch noch Geld bekommen, dass sie ihn uns abnehmen”, unterstreicht Hendricks die Bedeutung von intelligenter Netzsteuerung und fordert ein stärkeres Umdenken bei den Energieversorgern. Sie gab aber auch zu, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen bisher nicht optimal seien, um den Unternehmen eine verlässliche Grundlage zu ermöglichen.

”Werfen Sie als erstes einen Blick auf Ihre Heizung”

Auch beim Thema Sanierung besteht Handlungsbedarf, schließlich ist die Sanierungsquote mit weniger als 1 Prozent der Gebäude pro Jahr bisher deutlich zu gering. Insbesondere die hohen zu erwartenden Kosten seien ein Hemmnis. Als wirksamste Gegenmaßnahme hebt die Bundesministerin hier den Austausch der alten Heizung hervor, da diese sich am schnellsten amortisiere. Als Gründer eines Heizungsunternehmens findet dieses Argument bei Pausder große Zustimmung.
Als Best Practice im Bereich Energieeffizienz stellt Frau Hendricks die Stadt Bottrop heraus, die immerhin eine Sanierungsquote von 4 Prozent erreiche, indem sie proaktiv Hausbesitzer kontaktiere, mit Wohnungsbaugesellschaften zusammenarbeite und vorhandene Fördermaßnahmen bündele. Auch im Bereich Smart Home gebe es hier Vorzeigeprojekte.

Ressourceneffizienz durch Smart Home

Der große Durchbruch von Smart Home sei aktuell vor allem dadurch verzögert, dass Handwerker dies derzeit nur begrenzt umsetzen können. “Von den Zehntausenden von Handwerksbetrieben können das nur 180”, verweist Pausder auf eine Umfrage der Bitcom. Firmen wie Thermondo könnten Handwerker jedoch dabei unterstützen, hierin besser zu werden.

Ressourceneffizienz braucht stabile Rahmenbedingungen

Auf die Frage, wie man Smart Home für Hausbesitzer attraktiver gestalten könne, wies Pausder auf den Nationalen Aktionsplan für Energieeffizienz (NAPE) hin, der u.a. eine Steuererleichterung für Sanierung vorsieht, die von der bayerischen Staatsregierung gekippt wurde. Sich jahrelang hinziehende politische Debatten verschlechterten danach das Investitionsklima: “Wenn ich Hauseigentümer bin, möchte ich nicht der Depp sein, der sich heute eine neue Heizung kauft und in 3 Wochen kommt eine steuerliche Abschreibung”. Als weiteres Problem wurde im weiteren Gesprächsverlauf auch die Umlage der Investitionskosten von Vermieter auf den Mieter identifiziert, für die derzeit keine praktikablen Alternativen in Aussicht stünden.

Zukunftsprognosen

Pausder sieht in der Zukunft den Hauseigentümer als “Prosumenten", der in einem Passivhaus lebt und somit beispielsweise selbst Energie erzeugt und abgibt. Eigene Autos gehörten dann auch der Vergangenheit an. Für geopolitische Diskrepanzen sieht Hendricks als langfristige Lösung einzig den partnerschaftlichen Interessenausgleich.